Barter-Geschäfte

Vor kurzen fragte mich ein Freund nach meiner Meinung zu Barter-Geschäften. Hier meine Antwort:

Moin,

was es nicht alles gibt. Ich dachte, das wäre irgendwann mal ausgestorben. Ökonomisch macht das nur Sinn bei geringer Liquidität, sprich wenn die Kasse knapp ist. Ist bei dir die Kasse knapp oder bei deinen Kunden?

Allgemein würde ich sagen, nur – wenn überhaupt – für kurzfristige Dinge. Denn am Schluss wirst Du ja weiterhin das Problem haben, dass du für deine erworbenen Anteile/Rechte/Schnippsel einen Nachfrager finden musst, der dir wieder etwas bietet, was du benötigst. Oder Du musst die Schnippsel mit Verlust abstoßen, weil Du halt doch lieber die Miete zahlen willst, statt zu warten, dass ein Tapezierer bei dir anklopft und gegen deinen Schnippsel deine Wohnung verschönert. Und so ein Portal macht auch nur Sinn, wenn möglichst alle mitmachen.

Das gibt es auch unter Arbeitslosen/Nachbarschaftshilfe und taucht alle 10 Jahre als der aktuelle neueste Schrei und die Hoffnung auf die Hoffnung auf eine bessere Zukunft in den Medien auf. Gibt es auch in Kreuzberg, natürlich, Marke Fahradreparatur gegen Haare schneiden.

Eine kurze Einführung in Geldtheorie, um dir das Problem zu erläutern.

Am Anfang war das Licht. Und dann kamen die Spezialisten, der eine konnte jagen, der andere Brot backen und eine Nutte gab es auch schon. Am Anfang war das noch ganz prima, die drei konnten untereinander ihren Waren und Dienstleistungen tauschen. (Nennt sich “Zwang zur doppelten Koinzidenz”).

Leider zog dann ein Zahnarzt ins Viertel, der a) schwul b) Vegetarier und c) allergisch gegen Gluten war. Somit konnte er seine Dienstleistung nicht an den Mann bringen. Und die anderen drei mussten hoffen, niemals Zahnschmerzen zu bekommen oder zwei von ihnen schwul zu werden.

Dann zog wieder ein kluger Kopf ins Viertel, diesmal ein Ökonom. Der buddelte Gold in seinem Garten aus, presste es zu Münzen und sagte, kommt, Leute, lasst uns diese Münzen als Tauschmittel nutzen. Denn das Gold ist a) teilbar, b) geht nicht kaputt und ist c) selten – alle zeigten sich d) einverstanden, womit die vier wichtigsten Voraussetzungen für Geld erfüllt sind. Man beachte die sprachliche Nähe von Geld zu Gold.

Irgendwann als ca. 2 Milliarden Leute ins Viertel gezogen waren, jeder mit ganz tollen Jobs, merkte man, dass vielleicht das physische Gold knapp werden könnte, um weiter zu wachsen. Also wurde einer von ihnen, wahrscheinlich ein Volkswirtschaftler, der sich mit Druckerpressen auskannte, beauftragt, Geld herzustellen, fälschungssichere bunte Scheinchen, die auch selten sind, teilbar sind und fast nicht kaputt gehen. Alle waren wieder einverstanden. Bingo, damit waren die vier Voraussetzungen wieder gegeben.

Manchmal jedoch wollte der beste Freund vom Drucker unbedingt gegen den Nachbarn Krieg führen und verdoppelte das Geld über Nacht mal eben, um Pistolen zu kaufen. Da sich der Waren- und Dienstleistungbestand aber nicht im gleichen Zeitraum verdoppelte, verdoppelten sich die Preise, denn schließlich müssen Warenmenge und Geldmenge im Gleichgewicht stehen. Das nennt man dann Inflation. Dumm für den, der nur Geld aber keine Häuser oder Schweinehälften (=Realwerte) hat.

So, und jetzt erkennst Du vielleicht das Dumme an diesen Barter-Geschäften, sie sind ein Schritt zurück in die Steinzeit, zu Jägern, Bäckern und Nutten. So als würden jetzt alle wieder eine Anlasserkurbeln an ihre Wagen montieren – nur zur Sicherheit, falls die Batterie ausfällt. Klar, keine so schlechte Idee, auf den ersten Blick. Aber eine neue Batterie kaufen oder beim Nachbarn Starthilfe schnorren kommt besser.

Ich würde es lassen, es sei denn meine Kundin wäre eine Nutte 🙂

Gruß

Jürgen